[sage] Warum ich keine Bandlaufwerke mag
Dieter Braun
dieter.braun.rgbg at gmx.de
Thu Sep 16 00:15:50 CEST 2010
N'Abend Benedikt und restliche Liste,
keine Angst, ich schreib nicht nocheinmal so 'nen Roman. :-)
Am 15.09.2010 20:41, schrieb Benedikt Stockebrand:
> Moin Dieter, ..., und restliche Liste,
>
> Dieter Braun<dieter.braun.rgbg at gmx.de> writes:
>
>> So leid es mir tut, aber mit der SLR-Technik habe ich ganz schlechte
>> Erfahrungen gemacht. [...]
>> Es gibt nun wirklich nicht viele Gelegenheiten, bei denen ich
>> bezüglich IT emotional werde. Aber SLR-Bänder gehören dazu - ich bin
>> froh, dass ich diese Technologie schon vor einiger Zeit in der Firma,
>> in der ich beschäftigt bin, abschaffen konnte.
> man könnte vermuten, dass Disaster Recovery eine so emotional
> aufreibende Erfahrung ist, dass sie regelmäßig bleibende Traumata
> hinterlässt:-)
ACK, zumindest teilweise. :-)
Die Erlebnisse, die ich mit SLR-Bändern hatte, waren so ziemlich die
schlimmsten überhaupt.
> Nur der Vollständigkeit halber: Meine ersten (und guten) Erfahrungen
> mit Bandlaufwerken waren alte QIC-Laufwerke mit 40 und 525 MB und
> später noch MLR1 und SLR5. Kann sein, dass es da drumherum einige
> Phasen gegeben hat, wo Müll verkauft wurde.
>
> Wobei ich -- ganz wie Dietz im Bezug auf meine DDS-Erfahrungen -- bei
> den Problemen, von denen Du schreibst, das Problem eher bei
> minderwertigen Bändern, und damit im Zweifelsfall einer unfähigen
> Einkaufsabteilung, sehe. Grundsätzlich war die Konstruktion der
> QIC-Kassetten sehr gut, weil die Bänder dank des Treibriemens nicht
> gestreckt wurden und das Band auch komplett in der Kassette blieb.
Wir haben verschiedene Hersteller von SLR-Bändern ausprobiert, uns auch
eine Zeit lang streng an die Empfehlungen des Herstellers der Laufwerke
gehalten, und insgesamt keine No-Name-Bänder verwendet. Meine
Erfahrungen mit der SLR-Technik waren da leider in allen Fällen gleich -
nämlich niederschmetternd.
>> Hast du zuverlässige Angaben darüber wie lange z. B. LTO-Bänder halten?
> Nein, aber ich kann mich bei DLT7000 noch daran erinnern, dass es
> Empfehlungen gab, Bänder im Abstand von 6--12 Monaten umzukopieren.
> Uns hat das aber nicht weiter interessiert, weil wir Daten immer schon
> sehr viel früher wieder überschrieben haben.
Hmm ... Sind die 6 - 12 Monate wirklich ernst gemeint? Kommt mir
ziemlich kurz vor. Für Archivierungen wie z. B. in der GDPdU verlangt
ist das jedenfalls nicht ausreichend. Und alle 6 Monate jemanden damit
zu beauftragen alle was weiss ich wie viele Bänder aus den letzten 10
Jahren - das ist zumindest die buchhalterische Aufbewahrungsfrist -
umzukopieren (ich verstehe das so, dass von einem Band auf ein anderes
kopiert wird) ist natürlich ein beträchtlicher Kostenfaktor. Das kann
doch wohl nicht ernst gemeint sein!
>>> Andererseits kann man aus der ganzen Geschichte lernen, was dabei
>>> herauskommt, wenn man Consumer-Produkte aus der Unterhaltungsindustrie
>>> nimmt und versucht, si zu professionellen IT-Standards und -Produkten
>>> umzustricken.
>> Nun, die Unterteilung zwischen Consumer- und Business-Produkten
>> scheint wohl auch etwas von der eigenen Situation abzuhängen. [...]
> Ja, aber das ist nicht das, was ich meine. Worauf ich hinaus will,
> ist dass ein für die Unterhaltungsindustrie entwickelter Standard
> zweckentfremdet und umfunktioniert wird, um ihn als Lösung für
> ernsthafte IT-Anwendungen hinzustellen.
>
> So wie bei den frühen CDROM-Laufwerken, die genau wie CD-Player die
> Drehzahl abhängig von der Kopfposition rauf- und runtergeregelt haben,
> oder eben DAT und DDS, oder den aktuellen Schwachsinn, bei Monitoren
> unten wieder so viel abzuschneiden, dass man eine Textseite nicht mehr
> komplett sehen kann, nur damit das gleiche Zeug als Fernseher breiter
> und damit besser aussieht etc.
Nun, zumindest die CDROM-Laufwerke haben sich entwickelt und es ist für
einige Zeit ja doch etwas recht brauchbares daraus geworden - inzwischen
aber durch DVD-Laufwerke überholt. (Nur am Rande: Auch das ist relativ,
unser Auszubildender sagt z. B. in voller Überzeugung: "CD-Laufwerke hat
es doch immer schon gegeben." :-))
Ähnlich sehe ich die Entwicklung der DDS-Technologie. Anfangs
zweckentfremdet, zwischenzeitlich eine zumindest halbwegs professionelle
aber erschwingliche Backup-Möglichkeit vor allem für kleine Firmen,
inzwischen für die meisten Anwendungen überholt.
>> Vor etwa 15 Jahren waren die Kunden, die ich betreut habe, vor allen
>> Dingen kleine Unternehmen oder Organisationen.
> Schwierige Kunden in so ziemlich jeder Hinsicht: Wenig Geld, wenig
> technischer Sachverstand und vor allem kaum professionelle Produkte am
> Markt, die nicht völlig überdimensioniert sind. (Ich habe ungefähr zu
> der gleichen Zeit die SLR-Bänder schätzen gelernt.)
>
> Aber mit dieser Art von Kunden habe ich seit Jahren wenig bis gar
> nichts mehr zu tun. Trotzdem habe ich mich schon mehrfach gefragt, ob
> das nicht ein Marktsegment ist: Professionelle Lösungen für den SoHo-
> und KMU-Markt.
Ich glaube, dass du da derzeit auf die gleichen Probleme wie vor was
weiss ich wie vielen Jahren stossen wirst: Wenig Geld, wenig technischer
Sachverstand, kaum professionelle Produkte am Markt, die nicht völlig
überdimensioniert sind. (Wenn du dich noch an mich erinnern kannst,
wirst du vielleicht noch wissen, dass ich gerne zu solchen Wortspielen
neige. :-))
Ich glaube sogar, dass sich die Situation inzwischen verschärft hat. Ein
halbwegs vernünftiges Laufwerk plus den dann benötigten SCSI-Controller
kostet inzwischen ja mehr als ein kleiner Server, der für kleine Firmen
ja ausreicht. Und jemanden klar machen zu wollen, dass das Backup-System
mehr kostet als die Produktivmaschine, das halte ich schon für ambitioniert.
Dann bliebe nur noch Backup to Disk, aber auch nur dann, wenn du für
mehrere Generationen von Backups mit Links für gleich gebliebene Dateien
arbeitest (geht als solches übrigens auch für eventuell vorhandene
Windows-Maschinen ganz gut). Bloß bekommst du damit kein Backup-Medium
mehr, das du an eine externe Stelle auslagern kannst (wie z. B. einen
Safe in einer nahe gelegenen Bank).
>>>> Die Kapazitäten von Festplatten sind inzwischen deutlich
>>>> größer als diejenigen von DDS-Bändern. Das war vor 15 Jahren (oder auch
>>>> vor 10 Jahren noch nicht in diesem Ausmaß) nicht der Fall.
>>> Na ja, LTO-5 macht 1.5 TB, IBM's TS1130 immerhin 1 TB. So groß ist
>>> der Unterschied also bisher noch nicht, es ist eher die langfristige
>>> Tendenz.
>> Hier übersiehst du, dass ich mich nur zur DDS-Technologie geäußert
>> habe. Kann ja mal passieren. 8-)
> Ack. Wobei natürlich der Vergleich von historischen Bändern mit
> aktuellen Festplatten zwangsläufig geringfügig hinkt:-)
So historisch finde ich DDS nun auch wieder nicht. In bestimmten
Bereichen, in denen nur geringe Datenvolumina zu sichern sind, und in
die aus Sicherheitsgründen kein Zugriff aus anderen Bereichen erlaubt
wird, benutze ich DDS immer noch. Warum soll ich für ein Backup von 20
bis 30 GB ein teures LTO-Laufwerk kaufen, wenn ich das mit einem
günstigerem DDS-Laufwerk auch machen kann? Meine Erfahrungen mit DDS
sind durchaus nicht negativ.
Backup to Disk gibt's in diesen Bereichen übrigens auch, aber wie soll
ich die Daten anders als auf einem DDS-Band auslagern können? Selbst die
kleinste Festplatte ist größer als ein DDS-Band und nimmt zuviel Platz
im Banksafe weg.
>
> Schönen Abend,
>
> Benedikt
Wünsche ich dir auch,
Dieter
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